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Israel in Palästina – Wegweiser zur Lösung

SEMITedition, Neu Isenburg 2010 ISBN 978-3-9813189-5-1

Einleitung

Was steht in diesem Buch?

  1. Kurzfassung des Inhalts
  2. Wie kam es zu diesem Buch?
  3. Der Unterschied zu früheren Entwürfen
  4. Was geschieht, wenn dieser "Wegweiser" unbeachtet bleibt?
  5. Wissenschaftlich gestütztes Menschen- und Weltbild
  6. Jenseits des Freund/Feind-Schemas
  7. Vorwegnahme der Kritik an diesem Buch: Hauptstrasse, Nebenstrassen, Feldwege

 

Karte: Die Nahost-Region 1946 bis 2000

 

Einleitung: Was steht in diesem Buch?

a) Kurzfassung des Inhalts

Dieses Buch ist offensiv, konfrontativ und einseitig: ein Spiegel. Und es ist hilfreich und weiterführend, weil es auch ein Wegweiser ist.
Es beleuchtet einseitig die Schatten und die Schattenwerfer Israels, weil vor allem diese einer Lösung des Nahost-Konflikts im Wege stehen, weit mehr als diejenigen der Araber/Palästinenser. Ich komme zu diesem Schluss als Freund aller Menschen, als Freund der Israeli und auch der Palästinenser. Zur Pflicht eines echten Freundes gehört, nicht nur das Licht zu bewundern, sondern auch auf die Schatten hinzuweisen, wenn diese einer Lösung, einem fairen Frieden im Wege stehen – wenn der Freund in eine tödliche Sackgasse rennt und/oder andere in eine tödliche Sackgasse treibt.

Die Kritik-Resistenten werden allerdings sagen, dies sei ein weiteres Israel-feindliches Buch. Doch sie täuschen sich. Jenseits des Freund-Feind-Schemas ist es ein pro-israelisches Buch.

Einseitig ist das Buch auch, weil es die massiven und einseitigen Vorwürfe der arabischen Seite und aus der ganzen Welt, die gegen Israel und seine Politik erhoben werden, nicht aufgreift und nicht wiederholt. Ich lasse die Fakten und Zahlen sprechen (meistens solche aus westlichen, allgemein zugänglichen Quellen) – und den <Wegweiser zur Lösung>.

Dieses Buch beleuchtet, aufgrund der Lebensgesetze, den Zusammenhang zwischen den Schatten (damals bis heute) und der ausweglosen Situation, in der sich das Land zwischen Mittelmeer und Jordan seit Jahrzehnten befindet – und es tut dies zunächst aus neutraler Warte. Mit Hilfe globaler Grundregeln oder Lebensgesetze zwischen den Menschen und Völkern wird aufgezeigt, wieso sich diese beiden Völker in einer schrecklichen Verstrickung und Sackgasse befinden und welches der Weg heraus sein kann, hin zu normalen zwischenstaatlichen und zwischenmenschlichen Beziehungen. Dabei ist Israel, das ist die Konsequenz aus diesen Grundregeln, vorleistungspflichtig, die Palästinenser sind nachleistungspflichtig. Weil ich zu diesem Ergebnis gekommen bin, ist das Buch logischerweise einseitig. Und gerade deswegen ist es hilfreich und weiterführend, ein völlig neuer Ansatz.

Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass jeder andere Weg als der hier aufgezeigte den Konflikt verlängert statt beendet, dass diesem Wegweiser also gefolgt werden muss. Ohne Einbezug der Schatten ist eine Lösung nicht möglich. Ergo muss man beim ersten Schattenwurf beginnen, der Nakbah.
Und wenn sogar der hier vorgezeichnete Weg den Konflikt nicht beenden hilft, dann gibt es gar keinen Weg, ihn zu beenden. Dann bleibt er eben ungelöst. In 50 oder in 50'000 Jahren ist das nicht mehr wichtig, die Erde dreht sich weiter im All ...

Andererseits ist dieses Buch ausgewogen. Es berücksichtigt alle wichtigen Aspekte des Nahost-Konflikts, misst sie an allgemein gültigen Lebensgesetzen und kommt dann zu einer differenzierten Gewichtung. Ausgewogen heisst ja nicht indifferent. Ein Richterspruch ist meistens eindeutig zugunsten oder zulasten eines Beteiligten, in gewissem Sinne also einseitig, auch wenn zuvor alle Aspekte ausgewogen beurteilt wurden. Als politischer Hobby-Philosoph gehe ich hier ähnlich vor wie damals, als ich noch Richter war: Ich prüfe alle wichtigen Aspekte, messe sie an den Lebensgesetzen und sehe dann, wohin sich die Waagschale neigt.

Sie neigt sich, nach gründlichem Abwägen, eindeutig: Die Israeli als Zuwanderer (Ende 19. Jh. bis zur Staatsgründung 1948) haben die moralische Pflicht, den ersten Schritt zu tun (vgl. Kap. 10: Der Anfang der Lösung), die Palästinenser als Eingesessene (Osmanisches Reich 1517-1917; die Araber in Palästina bis 1948) dann den zweiten. Die Verheissung aus einem gut 2'000 Jahre alten Buch und Kultus konnte und kann den arabischen Eingesessenen (20. Jh.) nicht entgegengehalten werden.

Diese 2'000 Jahre erscheinen uns in Europa kurz, und wir neigen zum Anknüpfen an damals, weil uns aus dem christlichen Religionsunterricht die Geschichten und Verheissungen des Alten Testaments ziemlich gegenwärtig sind, ungleich plausibler jedenfalls als Entsprechendes aus dem Koran vor 1'400 Jahren.

Aus der Reihenfolge des Stuhlgesetzes (vgl. Kap. 1d 4. <Wer schon irgendwo sitzt, darf auch bleiben>), und das ist das Neue an diesem Buch, ergibt sich fast automatisch die Lösung, eben: Die Zuwanderer sind vorleistungspflichtig. Sie müssen zuerst anerkennen, was war, und dann höflich verhandeln statt diktieren – auf Augenhöhe mit den Nachbarn, die schon vorher dort waren, nicht von oben herab. Die Lösung, soweit sie die Verteilung von Land und Wasser betrifft, muss dann natürlich ausgewogen sein, muss allen Konflikt-Beteiligten das geben, was ihnen nach heutigem Verständnis fairerweise zusteht.

Nun sind seit 1948 über 60 Jahre vergangen, ohne dass diese Fairness je gewaltet hätte. An der erwähnten Reihenfolge kann das aber nichts ändern, das wäre unlogisch. Die Enkel und Söhne haben nachzuholen, was die Grosseltern und Eltern versäumten. Das bringt seelische Heilung, und erst dann kann über den Status der beteiligten Menschen und über Gebietsaufteilungen gesprochen und verhandelt werden. Das ist ebenfalls neu: Die Lösung im Inneren der Beteiligten ermöglicht erst die Lösung im Äusseren ihrer Lebensbereiche, nicht umgekehrt. Wegen der Missachtung dieser Reihenfolge sind alle bisherigen "Friedensprozesse" gescheitert.
Die Waagschale neigt sich eindeutig. Die Position und "Hidden Agenda" Israels (Uri Avnery, Kap. 7) war ja stets: <Vom Mittelmeer bis zum Jordan – wir nehmen uns alles, wir behalten (fast) alles, wir besiedeln (fast) alles – ohne Entschädigung und ohne Scham>. Diese Position ist, gemessen an den Lebensgesetzen, zutiefst unfair und, gemessen am Völkerrecht, illegal. Frieden (im Sinne guter Nachbarschaft der beteiligten Völker) gibt es nur und erst, wenn sie korrigiert wird zugunsten einer Lösung, welche das Oben (Israel) und Unten (Palästinenser) endgültig beendet, wenn also beide Völker auf gleicher Augenhöhe zueinander stehen. Das ist mit der Ein-Staaten-Lösung, welche von der Regierung Netanjahu/Lieberman favorisiert wird (faktisch, nicht verbal), nicht möglich (Gross-Israel würde zu einem Apartheid-Staat, wenn es ein jüdischer Staat bleiben will), sondern nur mit der Zwei-Staaten-Lösung, welche immerhin vom Rest der Welt favorisiert wird und den Palästinensern die verlorene Würde zurückgibt – sofern ihnen das Empowerment gelingt.
Dieses Buch beleuchtet alle wichtigen Aspekte, warum es so sein muss und welche Schritte dorthin getan werden müssen.

Dieses Buch ist nichts für Mimosen. Wer die ungeheuren Verletzungen und Kränkungen, welche in diesem Kontext im 20. Jahrhundert geschehen sind (Holocaust, Nakbah und Eroberung/Besiedelung), weiterhin ins Zentrum stellen und mit Schuldzuweisungen politisieren will, soll es weglegen. Die Zeit ist reif für Lösungen.
Dazu gehört zwar die Untersuchung, welche Seite von der Vergangenheit her bei der anderen in Schuld steht (was etwas völlig anderes ist als das Vorwerfen von Schuld). Dazu braucht es dann aber Menschen von Format, die sich für tragfähige Lösungen für die Zukunft interessieren. Solche sind weder in Jerusalem noch in Ramallah in Sicht. Der Schlüssel zu einer Friedenslösung für die Nahost-Region liegt in Washington (Obama). Nur die USA haben die Macht, eine tragfähige Lösung herbeizuführen, notfalls mit Druck: diplomatisch, wirtschaftlich, propagandistisch, evtl. militärisch (Aspekt der Sicherheit). Die EU, Russland und die UNO (diese drei bilden mit den USA das sog. Nahost-Quartett) werden ihnen helfen müssen. Unentbehrlich sind dabei die vielen Basis- und Sympathie-Bewegungen, welche sich weltweit für einen fairen Nahost-Frieden einsetzen.

Wenn das nicht geschieht, wird der Nahost-Konflikt weiterhin ungelöst bleiben, ein Schwelbrand mit Hunderttausenden tragischer Einzelschicksale, der sich sehr wohl (und wieder einmal) zum Flächenbrand ausweiten kann. An dessen Verhinderung sind alle Menschen interessiert: Israeli, Palästinenser/Araber, der ganze Mittlere Osten, wir Europäer (mit der Altlast des Holocaust), und eben die USA als nunmehr einziger Weltpolizist.
Die richtige Reihenfolge ist nicht, die atomare Aufrüstung des Iran zu stoppen und den "Terrorismus" zu besiegen und dann erst mit den Palästinensern zu verhandeln. Jene Aufrüstung, wenn sie überhaupt erfolgt, ist eine Folge des ungelösten Nahost-Konflikts und nicht der Hinderungsgrund für die Lösung. Diese ist ohnehin vorrangig, der Konflikt ist der Welt längst verleidet, seit dem Gaza-Krieg erst recht. Und seit dem Streit um den Siedlungsstopp ist eigentlich allen klar, wer die Lösung verhindert und mit welcher Absicht: die Regierung Israels, um die Hidden Agenda zu verwirklichen, und dies mittels der allmählichen Zerstückelung und Besiedelung Westjordaniens bis zum Jordan sowie, wenn die Zeit reif ist, mittels Annexion.

Dies ist, gemessen an den Lebensgesetzen, unfair und, gemessen am Völkerrecht, illegal. Und es gibt keine legitimen Rücksichten, das noch länger zu verschweigen und zu vertuschen. Der Sachverhalt ist einfach und klar: Ein Volk will einem andern Volk dessen Land wegnehmen, und dies mit zwei Hauptbegründungen, die letztlich nicht überzeugen. Dieses Buch verzichtet daher auf überbordende Differenzierungen, die ja doch nur vom Kern der Sache ablenken sollen, und sagt einfach und klar: Zurück auf die Grenzen von 1967 (auch in Jerusalem) und Gründung eines souveränen Staates PALÄSTINA – mit den Flüchtlingen und den Siedlern, nebeneinander – auch und gerade im Interesse Israels. Mit diesem wird erst nach der Staatsgründung verhandelt – auf Augenhöhe.

Das steht, mit differenzierter Begründung, im Zentrum dieses Buchs.

b) Wie kam es zu diesem Buch?

Es war ursprünglich ein Referat am Runden Tisch der Gesellschaft Schweiz-Israel/ Sektion Zürich am 24.2.09. In diese Gesellschaft bin ich, nachdem der <Wegweiser zur Lösung> während Jahren herangereift war, im Frühling 2008 eingetreten, um ihn bekannt zu machen und um dafür Verbündete zu finden. Die Einleitung zu jenem Re-ferat war daher freundlich und gewinnend, aus heutiger Sicht geradezu einschmeichelnd, und auch der Haupttext war voller Rücksichtnahme auf die typischen jüdisch-israelischen Empfindlichkeiten.

Die Reaktion der GSI Zürich war dann aber alles andere als freundlich. Ihr Präsident (der neue Statthalter von Zürich) erklärte sich zu 99% nicht einverstanden, nannte meinen <Wegweiser zur Lösung> rundweg "zu 7/8 banales Israel-Bashing", riet mir vom Verteilen ab ("Sie könnten sich damit Scherereien einhandeln") und wollte sich nicht weiter damit befassen. Einige Teilnehmende am Runden Tisch beteuerten mir, Israel habe stets alles für den Frieden Nötige unternommen, aber der hinterhältige Arafat habe alle guten Angebote abgelehnt und die Intifada 2 angezettelt ... Auf mein Drängen hin befassten sich zwei Vorstandsmitglieder näher mit dem Inhalt. Nachdem ich aber deutlich machte, mit diesem Buch die Konsequenzen aus dem Völkerrecht aufzeigen zu wollen, wurde der Kontakt abgebrochen.

Warum mache ich das öffentlich? Weil es mit den jüdisch-israelischen Empfindlichkeiten zu tun hat, welche ein sehr grosser Teil des Problems sind und zu den Schatten gehören, die der Lösung im Wege stehen, dem vielbeschworenen "Frieden". Die GSI organisierte auf den 22.4.09 eine Kundgebung in Genf unter dem Slogan <Israel will Frieden> (vgl. Kap. 14d). Dass der nicht zu haben ist ohne Respektierung der Lebensgesetze und des Völkerrechts, leuchtet ihren Mitgliedern offenbar nicht ein, nur Aussenstehenden.
Der Statthalter von Zürich, Vorsitzender einer rechtlichen Aufsichtsbehörde (!), hat nach langem Zögern schliesslich anerkannt, dass das Völkerrecht auf Israel anwendbar sei. Aber die ihm nahegelegten Konsequenzen im Denken der GSI-Mit-glieder (Befürworten des Siedlungsstopps, Beenden der Gaza-Blockade, Rückzug auf die Grenzen von 1967, eine faire Zwei-Staaten-Lösung) sind nicht gezogen worden, im Gegenteil.
An der Generalversammlung der GSI Zürich vom 25.5.09 habe ich folgenden Antrag gestellt:
Bildung einer Arbeitsgruppe, welche die Position der GSI erarbeitet: Wie viel Raum/ Souveränität/menschliche Würde steht den Palästinensern in Israel und in den besetzten Gebieten fairerweise zu?
Dieser Antrag wurde mit allen gegen meine Stimme abgelehnt. Offenbar ist es für den Vorstand und die Mitglieder nicht interessant und relevant, was ihr Leitbild unter der neuen Regierung in Israel bedeutet, wie also ein Kompromiss ("Land gegen Frieden" gemäss Leitbild der GSI) konkret und fairerweise aussehen könnte.
Ein Redner meinte sogar unter Applaus, "Palästina" gebe es ohnehin nicht, und erst Israel habe aus dieser Gegend etwas gemacht ... Er engagiert sich im Projekt <Sde Boker/MIDBAR>, welches (u.a. im Gebiet Beer Sheba im Negev) Wasser für die Urbanisierung der Prärie sammelt bzw. aus feuchter Luft destilliert ("Geben Sie der 'Heimkehr vom Volk Israel' [nach 2'500 Jahren] mehr Raum für ihre Existenz"). Das ist wunderbare Entwicklungshilfe für wenig genutzte Gegenden, Hut ab! Aber: Ist das ein Argument für Massaker und Eroberungen ?? Sieht Schweizer Entwicklungshilfe so aus, dass wir die Bevölkerung Nepals deportieren und durch innovative Schweizer oder Inder ersetzen wollen? Und hat Israel seine bewundernswerte Entwicklung aus eigener Kraft geschafft oder mit Dutzenden von Mia. US$ Wirtschafts- und Militärhilfe der USA und sonstiger "Spenden"? Gemessen am Inhalt dieses Buches (allgemein zugängliches Wissen über die Geschichte des Nahen Ostens) ist dieser Mann blind oder zumindest seh-behindert, und die Applaudierenden auch. Gerechtigkeitssinn und politische Weitsicht gehören nicht zu ihren Kernkompetenzen. Sonst würde die Präsidentin der GSI nicht gegen den "Gas-Deal mit Iran" wettern (20Min. 29.9.09 S.7), sondern gegen die Siedlungsbauten im Westjordanland.

Was tut nun ein Mensch wie ich unter diesen Desinteressierten, Unbelehrbaren? Er schreibt ein Buch für Interessierte, Belehrbare.

Alle mir bekannten Einwände sind in diesem Buch behandelt und auf ihre Berechtigung hin überprüft worden – ich hoffe: mit genügender intellektueller Redlichkeit. Zu dieser halte ich mich als konfessionsloser Freidenker für besonders befähigt. Meines Wissens trage ich keine oder nur eine weltliche Brille, also in diesem religiös besonders aufgeladenen Thema die optimale Voraussetzung. Mein Welt- und Menschenbild ist ausschliesslich wissenschaftlich abgestützt – im Darwin-Jahr und im Zeitalter der systemischen Betrachtungsweise eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Als Mediator verfüge ich ausserdem über Kenntnisse und Erfahrungen darüber, was in Beziehungen funktioniert und was nicht funktioniert sowie darüber, was es braucht, damit Beziehungen zum Funktionieren gebracht werden können. Weil sich Völker ungefähr verhalten wie Menschen, gilt das auch für politische und internationale Beziehungen. Dabei gehe ich strikt Lösungs-orientiert vor und all-parteilich, engagiere mich also für alle am Konflikt Beteiligten. Nur so sind nachhaltige Lösungen möglich.

Weil Israel vorleistungspflichtig ist, fokussiert dieses Buch einseitig dessen Rolle im Nahost-Konflikt. Dieser starke Staat hat ja auch einseitig alle Macht-Mittel, um eine Lösung herbeizuführen oder zu verhindern: militärisch, finanziell, wirtschaftlich, demographisch, geographisch (Zugang zu zwei Meeren) und strategisch (mit seinen mächtigen Verbündeten USA und EU, v.a. Deutschland). Israel ist allen Nachbarn haushoch überlegen, insbesondere den Palästinensern. Diese haben keine Macht-Mittel ausser gewisse Sympathien in der muslimischen Welt – und nur das Macht-Mittel der Ohnmächtigen und Verzweifelten: Attentate. Im übrigen sind sie dem Tun oder Lassen Israels völlig ausgeliefert. Es ist daher folgerichtig, wenn dieses Buch sich fast ausschliesslich mit demjenigen Beteiligten des Konflikts beschäftigt, der die Macht-Mittel zu dessen Lösung in Händen hält. Israel hat bedeutend mehr und schwerer wiegende Hausaufgaben zu erledigen als die arabisch-palästinensische Seite; deshalb sind diese viel ausführlicher aufgezählt als diejenigen seines Konflikt-Partners. Bei diesem ist vor allem ein EMPOWERMENT fällig, damit endlich der Mut entsteht, einen eigenen Staat zu gründen und auszurufen.

Der Fokus auf Israel ist noch aus einem anderen Grund angemessen: Unser mitteleuropäisches Oberschicht-Denken ist (u.a. wegen des Religionsunterrichts: Altes Testament!) viel eher von der Sicht Israels geprägt, ob wir diese nun teilen oder nicht – ich behaupte: im Verhältnis 100 zu 1, und die arabisch-palästinensische Sicht hat auf dem Weg zu uns wenig Chancen (vgl. Kap. 8b, Gaza: Einseitige Berichterstattung).
Um das etwas auszugleichen, gibt dieses Buch oft eine Sicht wieder, welche von derjenigen des Westens und Israels abweicht; aber auch dann ist ja wiederum Israel im Fokus. Ich kann es drehen und wenden, wie ich will: Seine Rolle bleibt übermächtig, auch in diesem Buch, und das entspricht ja der realpolitischen Situation.

c) Der Unterschied zu früheren Entwürfen

Die einseitige Rücksichtnahme auf jüdisch-israelische Empfindlichkeiten, welche in der ursprünglichen Einleitung breiten Raum einnahm, fehlt fast vollständig. Diesen Empfindlichkeiten ist nun ein eigenes Kapitel gewidmet, weil sie ein Teil des Problems sind und einer Lösung im Wege stehen. Ich unterscheide zwischen echten Emotionen und inszenierten Dramen, die aufgeführt werden, um damit politisch etwas zu erreichen, also: um andere Akteure zu manipulieren. Ich mache diesen Unterschied, weil ein politisches Anliegen (die Existenz Israels als überwiegend jüdischer Staat) umso förderungswürdiger ist, je reifer und authentischer es daherkommt; es ist aber nicht förderungswürdig, wenn es mit gestelzten Begründungen daherkommt und jeder ein Feind ist, der sich dem Drama widersetzt oder entzieht. Als Beispiel diene der Holocaust: Die Weltgemeinschaft ist sich längst einig, dass die Erinnerung daran wachgehalten und jede Gefahr einer Wiederholung im Keim erstickt werden muss. Wenn aber jenes einmalig schreckliche Ereignis, das nun schon fast drei Generationen zurückliegt, dazu benutzt wird, den Palästinensern einen eigenen Staat zu verweigern, dann wird da ein Drama inszeniert auf Kosten von einigen Mio. Menschen, die mit dem Holocaust nicht das Geringste zu tun hatten und haben. Und die Inszenierung stammt ausgerechnet von Leuten, welche das den Palästinensern 1948 (also nachher) zugefügte riesige Leid, die Nakbah, leugnen und andererseits (das allerdings zu Recht!) überempfindlich aufheulen, wenn jemand den Holocaust leugnet.
Wohlgemerkt: ich sage Leid, nicht Unrecht, um kein juristisches Urteil zu fällen; Vertreibung und Okkupation waren nämlich 1948 völkerrechtlich noch nicht verboten, erst ab 1950.

Und vor allem: Auch die arabisch-palästinensischen Empfindlichkeiten sollen Raum haben. Die Vertreibungs-Opfer hatten bisher in Europa und den USA weniger Gehör als die Vertreibungs-Täter.

Der Situation der arabischen Israeli als Bürger 2. und 3. Klasse sowie der erwähnten "Hidden Agenda" sind nun je eigene Kapitel gewidmet; der Nahost-Konflikt kann nicht verstanden und nicht gelöst werden, ohne dass diese wenig bekannten Aspekte in den Vordergrund gezerrt werden – mit Klartext. Auch der Goldstone-Bericht über den Gaza-Krieg dient der Erhellung der Schatten. Und schliesslich ist dem Empowerment der Palästinenser und der Zwei-Staaten-Lösung ein eigenes Kapitel gewidmet, als Wegweiser.

d) Was geschieht, wenn dieser <Wegweiser> unbeachtet bleibt?

Dann bleibt es nicht nur beim Status quo, sondern die "Hidden Agenda" wird realisiert, gegen den Willen der restlichen Welt. Das bedeutet:

Natürlich lässt sich sagen, dieser Status quo und seine weitere Entwicklung, sogar mit Krieg, sei auch eine Lösung. Das ist der Status quo, philosophisch betrachtet, immer: Die Menschen im Nahen Osten leben seit Jahrzehnten irgendwie, und das jeden Tag, und alle andern Menschen auch, und die Erde dreht sich weiter im All. Die Welt hat sich an diesen täglichen Wahnsinn und an den (in seinen Details weitgehend unbekannten) politischen Skandal gewöhnt, er zeitigt manchenorts nur noch ein müdes Schulterzucken (sogar während des Gaza-Krieges) und leicht abnehmende Sympathien für Israel. Dieses beklagt sich dann bitter darüber und hofft durch Erinnern an den Holocaust, ein paar Rest-Sympathien zu retten wie im Mai 2009 beim Besuch des deutschen Papstes. Dieser war ein willkommener Anlass, die Erinnerung an den Gaza-Krieg in den Hintergrund zu rücken. Dazu dient nun auch das Gerangel um den Siedlungsstopp und die Zwei-Staaten-Lösung. Das gehört aber zum Spiel und zur Doppelmoral, Israel kann sich ja auf die eiserne Bündnis-Partnerschaft des Westens verlassen, die es mit Erinnern an den Holocaust immer wieder bestätigen lässt.

e) Wissenschaftlich gestütztes Menschen- und Weltbild

Dies hier ist kein (natur-)wissenschaftliches Lehrbuch. Eine politische Lösung aber muss mit der allgemein anerkannten Lehrmeinung über das Funktionieren der Menschen und ihrer Systeme übereinstimmen, sonst hat sie ein Leck. Ich stelle diese deshalb skizzenhaft dar, soweit sie zu unserem Kontext gehört, insbesondere zu den globalen Lebensgesetzen.
Nebst Essen, Trinken und Schlaf haben alle Menschen das Bedürfnis nach Sicherheit, Fortpflanzung und Zugehörigkeit. Um diese Bedürfnisse kreist fast alles im Leben, seit Jahrmillionen (Maslow'sche Bedürfnis-Pyramide). Wenn sie nicht befriedigt werden, kommt es zu Kämpfen, Rivalitäten, Ausschlüssen, Verletzungen, Mord und Krieg. Verhältnismässig jung in der Menschheitsgeschichte ist sodann das Bedürfnis nach Religion, nach der Ausrichtung auf etwas Höheres. Und seine Befriedigung führt erst recht zu Kämpfen, Verletzungen und Mord, leider. Die meisten Kriege werden religiös gestützt. Einige Hirnforscher vermuten, dass religiöser Glaube sich durch eine Art "Zweckentfremdung" von evolutionär entstandenen normalen Hirnleistungen entwickelte, weil er einen Selektionsvorteil bot (frei denken 8/09 S.5) oder dem Bedürfnis nach Sicherheit und Zugehörigkeit entspricht (bild der wissenschaft: Gott im Gehirn, 7/2005, Warum Glaube nützt, 2/2007, Warum Menschen glauben, 1/2010 S.60f).

Als Freidenker kümmere ich mich nicht darum, ob die Lust auf Krieg an der religiösen Botschaft selber liegt oder am Bodenpersonal, welches mit ihr nicht umgehen kann. Der <Wegweiser zur Lösung> muss aber für Religiöse wie Nicht-Religiöse transparent und nachvollziehbar sein. Ich wünsche mir, Nathan der Weise (Drama von G.E. Lessing, 1779) würde heute leben und gehört werden ...

Die Menschen leben nicht als Einzelne, sondern fast immer im Kontext einer Familie, einer Gruppe oder eines identitätsstiftenden Verbundes, kurz: in Systemen. Deshalb hat die Forschung über Verletzungen der Seele (oder des Gemüts) vor einigen Jahrzehnten erkannt, dass die Heilung des Einzelnen (oder die Lösung für den Einzelnen, was fast dasselbe ist) umso erfolgreicher ist, je systembezogener sie erfolgt. So hat sich die systemische Familientherapie entwickelt. Wer seelisch oder psychosomatisch krank ist, leidet meist an einer oder in einer Verstrickung mit anderen Personen des Systems, oft mit den Eltern. Und eine Methode zur Lösung von Verstrickungen, die erfolgreichste, ist das "Anerkennen, was ist" (Hellinger/ten Hövel, Kösel-Verlag GmbH, München 1996).

Auch die Völker dieser Erde sind solche Systeme. Die Interaktion zwischen den Völkern verläuft nämlich ähnlich wie die Interaktion zwischen Individuen oder zwischen Klein-Systemen. Sie führt oft zu Verstrickungen, z.B. Türkei und Armenien, Serbien/Kroatien/Bosnien/Kosovo, Singhalesen und Tamilen, Israel und die Palästinenser. Auch die Seelen der Völker sind verletzlich, und sie sind ebenfalls heilbar. Oder, wem das zu grossmaulig ist: Durch Anerkennen und Würdigen der Verletzung leiden sie weniger stark oder weniger lange.

Die Seele des jüdischen Volkes wird seit langem und andauernd verletzt, zum Teil existentiell: Das Odium des Mordes an Christus, die Vertreibung vor 2'000 Jahren (umstritten, vgl. Kap. 2b)), systematische Ächtung während Jahrhunderten, Ausgrenzung und Diskriminierung, Pogrome, offener und militanter Antisemitismus und schliesslich der absolute Tiefpunkt in der Geschichte Europas: der Holocaust. Kein anderes Volk hat länger und mehr gelitten als das jüdische.
Umso dringender war es nach dem 2. Weltkrieg, dass dieses Volk einen Ort erhalte, eine sichere Heimstätte, in der es sich erholen könne, in der Heilung passieren könne mit der Gewissheit, dass sich solches nie mehr wiederhole.

Nun hat aber gerade die Verwirklichung der sicheren Heimstätte dazu geführt, dass die Heilung nicht passieren konnte – weil sie auf Kosten eines anderen Volkes erfolgte: der Palästinenser, und weil Israel es nicht schaffte, sich seine Nachbarn, die auf den Neuankömmling mit Feindschaft reagierten, zu Freunden zu machen.

Wer auf der Basis moderner Systemik lösungsorientiert arbeitet, sieht vom Analysieren des Scheiterns und alter Schuldzuweisungen völlig ab. Ausgangspunkt von Lösungen ist stets die Gegenwart. Das bedeutet freilich nicht, frühere Fehlentwicklungen und Versäumnisse ausser Acht zu lassen; ihre Folgen in den Seelen der Beteiligten sind sehr wohl zu analysieren und zu würdigen, aber immer im Hinblick auf künftige Heilung. Die "Versöhnungsarbeit" nutzt die Wunden und Narben, um die Kräfte und Ressourcen der Beteiligten für künftiges Zusammenwirken freizulegen.

Auf diesem wissenschaftlich gestützten Fundament basiert der vorliegende <Wegweiser zur Lösung>. Er möchte das Pingpong der Waffen und Argumente beenden und dadurch die Sackgasse öffnen.

In diesem Sinne halte ich es mit Albert Einstein (vgl. das Zitat auf der Titelseite):
Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.

Der politische Mediator Günther Bächler, der den Bürgerkrieg in Nepal befrieden half und nun in Darfur tätig ist, hat mich ermuntert:
"Die Nahost-Region braucht dringend frischen Wind und v.a. einen neuen Ansatz."
Die Zeichen der Zeit sind günstig: Obama reicht den Muslimen in aller Welt die Hand – wenn sie ihre geballten Fäuste öffnen. Es bleibt zu hoffen, dass er sieht, weshalb ihre Hände sich ballten. Das haben wir ja u.a. der (vom Westen nicht verhinderten, eher geförderten) israelischen Expansionspolitik zu "verdanken" (vgl. Kap. 16c: Das Ende der Doppelmoral wäre das Ende von al-Kaïda).

f) Jenseits des Freund/Feind-Schemas

Fangen wir doch gleich an, uns von der bisherigen Denkweise zu lösen, oder versuchen wir es wenigstens:

Wenn Sie sich Ihre politischen Freunde vorstellen, z.B. hier die Gesellschaft Schweiz-Israel, und dann von sich weg eine Achse denken, an deren anderem Ende sich Ihre politischen oder persönlichen Feinde befinden, z.B. die Gesellschaft Schweiz-Palästina, die Hamas oder Achmadinedschad oder die von Ihnen privat am meisten gehasste Person, dann ist das die gebräuchliche Denkweise, wie sie den meisten Menschen eigen ist, auch im Persönlichen: Hier Freund – dort Feind (oder Gegner). Es gilt sogar als ehrenhaft, so zu denken: "Viel Feind – viel Ehr' ", sagt der Volksmund. Das war und ist stets der Weg in die Sackgasse, am Ende lauert die weltweite Katastrophe.
Stellen Sie sich statt dessen diese Achse als Meterstab vor, der von Ihren Augen weg und zu den Gegnern reicht. Dann drehen Sie diesen Stab rechtwinklig um 90 Grad, sodass Sie ihn vor sich haben: Die linke Hand hält das eine Ende, die rechte das andere. Und Ihre Freunde und Feinde sind immer noch an den beiden Enden des Stabes. Was sehen Sie? Richtig: Links Menschen, rechts Menschen, dazwischen evtl. auch Menschen, die etwas weniger Freunde oder Feinde sind, aufgereiht auf diesem Stab.
Sodann: Blicken Sie diesen Menschen in die Augen. Was sehen Sie? Ja, zunächst einfach Menschen auf Augenhöhe – weder Freunde noch Feinde. Dass die einen Freunde und die anderen Feinde sind, das, so merken Sie jetzt, haben Sie bisher dazugedacht. Wenn Sie nun dieses Dazugedachte weglassen, dann haben Sie einfach nur Menschen vor sich, Menschen mit ihren Stärken und Schwächen; die einen sind Tauben, die anderen Falken, sympathische und unsympathische, aber vor allem sind sie Menschen. Zu 90% haben sie Wert und Würde als Menschen, und zu 10% bauen sie Erfolge oder Mist, der begeistert oder verletzt; aber Wert und Würde als Menschen überwiegen mit 90% bei weitem.

Dieses Menschenbild ist die Basis für die <Allgemeine Erklärung der Menschenrechte> (10.12.48, Tomuschat S.127ff) und die Basis für dieses Buch.

Wenn Sie diese Vorstellung eine Weile halten können, dann haben Sie ja
den Blick eines allparteilichen Aussenstehenden, (fast) Neutralen !
An dieses Gedankenexperiment, so wünsche ich mir, sollten Sie während und nach der Lektüre dieses Buchs denken. Dann sind die provozierenden Stellen leichter und mit weniger Empörung zu lesen.
Es wird freilich denjenigen schwerer fallen, denen sich durch das Wirken ihrer Feinde tiefe Wunden eingegraben haben. Dazu kann ich im Moment leider nicht mehr sagen als: Versuchen Sie's trotzdem.

g) Vorwegnahme der Kritik an diesem Buch:

Die Hauptstrasse, die Nebenstrassen und die Feldwege

Dieses Buch wird von den betroffenen Seiten entweder totgeschwiegen werden oder unter argen Beschuss geraten. Damit seine Wirkung nicht im Sperrfeuer verpufft, nehme ich die erwartete Kritik gleich vorweg und versuche, sie zu entkräften.
Teilweise ergeben sich dabei Überschneidungen mit dem Kapitel 14: "Israels Empfindlichkeiten: ein Teil des Problems" und mit dem Kapitel 15: "Israels Angst vor Einseitigkeit – meisterhaft gespielt".

  1. "Dieses Buch bedient wieder einmal alte antisemitische Feindbilder." - Nein, es enthält Fakten und Zahlen – und eine Lösungsvision, die es Israel erlaubt, das Gesicht zu wahren, damit sich nicht noch mehr Freunde abwenden. Gegenüber einem wohlmeinenden Freund die Antisemitismus-Keule zu schwingen, ist nicht gerade fein.
  2. "Das sind anti-israelische Angriffe." – Nein: Die Hauptstrasse, das sind die globalen Lebensgesetze und daraus abgeleitet die Lösung, immerhin. Wer sich zu Unrecht angegriffen fühlt, der/die ist eingeladen, die Lebensgesetze zu widerlegen – oder zu begründen, warum sie auf Israel nicht anwendbar sind – oder wie sie auf Israel anwendbar sind, wenn nicht so wie hier geschildert; allen voran das Stuhl-Gesetz. Diese "Angriffe" sind in Wirklichkeit ein Wegweiser aus der Sackgasse, in die sich Israel hineinmanövriert hat, indem es die Lebensgesetze missachtete.
  3. "In diesem Buch steht über Israel kein einziger positiver Satz!" – Doch, dieser: Israel ist ein grossartiges Land, wirtschaftlich, wissenschaftlich, technisch, kulturell, zwischenmenschlich, ich bewundere seine Leistungen – im Inland.
  4. "Ein derart einseitiges Buch fördert die Verständigung nicht." – Doch: Es geht aber zunächst nicht um Verständigung, auch nicht um Friedens-Gesäusel. Es sind alte Rechnungen offen, Leichen im Keller, und einer der Verständigungs-Partner wird unterdrückt, über den Tisch gezogen und bestohlen. Wenn die alten Schulden beglichen, die Leichen entsorgt und die Partner ebenbürtig sind, ist immer noch Zeit für Verständigung und Schalmeienklänge.
  5. "Ich will kein 'Verständnis für Terroristen' lesen." – In Ordnung. Das ist aber ein Verzicht auf einen Strategie-Vorteil: Wer die Motive kennt, weshalb Menschen zu Gewalt greifen (z.B. die Gründer Israels 1948), kann erfolgreicher mit Gewalt umgehen, v.a. wenn er/sie die Motive mit den globalen Lebensgesetzen vergleicht.
  6. "Schon der Titel ist falsch, es sollte heissen: Israel und Palästina. Beide brauchen ja eine Lösung." – Nein, mein Lieber. Das Problem entstand, weil sich 1948 in Palästina ein neuer Staat einnistete (Karte e). Also braucht es eine Lösung, die an damals anknüpft, weil jene Wunde nicht geheilt ist. Der Titel drückt das aus.
  7. "Kapitulieren schon 1948, 1967 oder 2000 ?! Das sind Araber-feindliche Zumutungen!" – Zumutungen ja. Aber insgesamt, wer weiss, ginge es dem palästinensischen Volk vielleicht doch besser als mit der Trotz- und Attentats-Linie und der "erlernten Hilflosigkeit".
  8. "Wir brauchen keine Tipps von Ausländern, welche die Komplexität unseres Konflikts nicht erfassen können." – So komplex ist er gar nicht. Schon ein Blick auf die Karte e zeigt recht simpel, um was es geht: um Land für Siedlungen und um das hiefür nötige Wasser. Der Rest ist mentaler Überbau, Propaganda, Politik. Ein Ausländer hat eher den erforderlichen distanzierten Blick (vgl. das Einstein-Zitat). Er sieht und benennt, was kein Insider so klar sieht und benennt: Ein Volk will einem andern Volk dessen Land wegnehmen und besiedeln, und dies mit zwei Begründungen, der biblischen Verheissung und dem Holocaust – und beide überzeugen nicht (vgl. Kap. 9+13).
  9. "Israel-Hasser", "Nestbeschmutzer": - Das sind die bis zum Erbrechen wiederholten Angriffe auf alle, welche die Hauptstrasse beleuchten, die "Hidden Agenda" und ihre Überwindung. Solche Angriffe möchten die Aufmerksamkeit auf Nebenstrassen umleiten, auf Feldwege, weil Argumente zur Hauptstrasse fehlen. Wer im Nest Schmutz vorfindet und anleuchtet, hat ihn nicht gemacht, sondern hilft, das Nest zu reinigen. Wer sich über das Anleuchten von Schmutz beklagt, hat offenbar ein schlechtes Gewissen.
  10. "Banales Israel-Bashing, Verunglimpfungen" – Nein: Ich messe Israel nicht an meinen, sondern an seinen eigenen Ansprüchen, nämlich ein anständiger, demokratischer Staat zu sein, der den westlichen Standards genüge, und komme zum Schluss: Das ist Israel nicht. Und das ist ein grosser Teil des Problems, das verunmöglicht einen fairen Frieden mit den Palästinensern. Ein anständiger Staat feilscht nicht ums Völkerrecht, ja er bricht es schon gar nicht. Anständige Menschen wischen zuerst vor der eigenen Tür. Und verunglimpfen kann man nur Unschuldige.
  11. "Israel darf nicht kritisiert werden, was fällt Ihnen ein?! Unsere Schatten gehen Sie nichts an!" – Doch: Menschenrechte sind unteilbar. Jedes Elend geht mich etwas an. Ein erneuter Nahost-Krieg würde auch mich treffen.
  12. "Schläge gegen Israel" (bemängelt Ständerat Felix Gutzwiller, Präsident der Jerusalem Foundation Schweiz, in tachles 17.7.09) – Ja, sage ich auch: Schläge gegen die Ignoranz und Arroganz der Macht, um die Gemütsarmen und Schwerhörigen daran zu erinnern, dass täglich Schläge gegen die Bevölkerung von Westbank und Gaza geführt werden, zahlreiche ungesühnte Morde jeden Monat (Kap. 6e+8d).
  13. "Wir haben uns nicht verhärtet, wir verdienen ein derart hartes Buch nicht." Doch: Dass sich die Eroberten und Unterdrückten verhärtet haben, kann nicht ihnen, sondern muss den Eroberern und Unterdrückern angelastet werden. Zuerst kam der Druck von oben, dann erst von unten. Sogar in der Physik ist das so. Nach dem Druck hat der Eroberer dann begonnen, nett und gewinnend zu lächeln – um die verhärteten Unterdrückten noch mehr ins Unrecht zu versetzen.
  14. "Wenn ich nur schon das lese, vergeht mir die Lust am Weiterlesen." – Um Lust kann es in diesem Konflikt wahrlich nicht gehen, sondern nur um die Chance, etwas dazuzulernen – durch Weiterlesen (vgl. das Zitat vor den Kap. 9 und 12).
  15. "Erbitterter Feldzug gegen Israel" – Nein: Ich stelle nur fest, dass die israelische Regierung (und Mentalität) auf dem hohen Ross sitzt, statt mit den Nachbarn auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln; das wäre jüdische Ethik und westlicher Standard, seit Obama sowieso. Erbittert bin ich höchstens beim Gedanken, dass wir den ganzen (al-Kaïda-) Terror zu einem erheblichen Teil dieser jahrzehntelangen, unseligen Expansions-Politik zu verdanken haben, die von al-Kaïda und Konsorten mit dem verhassten Westen gleichgesetzt wird (vgl. Kap. 16c). Und sauer bin ich, weil mir (und uns allen) jahrzehntelang zwei grosse Lügen aufgetischt wurden: über die Staatsgründung (2. Kap.) und über die Staatsvergrösserung (6.+7. Kap.). Das ändert nichts an meinen Freundschafts-Gefühlen für die einfachen Menschen: diese können nichts dafür, die Führungsschicht aber alles.
  16. "Dieses Buch wurde für Philosophen geschrieben. Was geht mich das an?" – Ja und Nein: Israels Staats-Philosophie stammt nicht von Philosophen, und ihre beiden Denkfehler haben katastrophale Folgen. Das geht Sie sehr wohl etwas an. Dieses Buch stellt die Irrtümer vom Kopf auf die Füsse, von den Stelzen auf den Boden.
  17. "Unannehmbare Sprache" – Nein: Klartext. Anders sind Gemütsarme und Seh-Behinderte nicht zu erreichen. Eine sanfte und diplomatische Sprache wird bei der Umsetzung der Lösung durchaus angebracht sein. Aber beim Wegräumen von ideologischem Schutt, von mentalem Überbau und Propaganda ziehe ich den Bagger dem rosa Schäufelchen vor.
  18. "Wie ein (selbsternannter!) Scharfrichter, der Israels Sündenregister und sein Urteil verliest." – Dieser Satz sagt mehr aus über die Person, die ihn ausspricht (vgl. Kap. 14e: Die ewigen Opfer), als über mich und das Buch. Dieses ist eher ein Spiegel, eine Art Bilanz, denn ich zeige ja nur auf, wieso der jüdische Staat, bezogen auf seine Minderheit, seine Eroberungen und seine Nachbarn, nicht funktioniert, von Anfang an nicht funktionierte (Goethe-Zitat eingangs des 2. Kap.). Und ich zeige auch auf, was es heute brauchen würde, um die Völker- und Staatengemeinschaft des Nahen Ostens zum guten Funktionieren zu bringen, nach jahrzehntelangem Zerbrechen von Geschirr. Was scharf tönt, ist nach meinem Verständnis ein befolgenswerter Tipp eines Aussenstehenden mit viel Erfahrung und positivem Menschenbild, eben: ein Wegweiser.